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ARCHIV GESCHICHTE

Die Entwicklung der Sammlung (Ein sehr persönlicher Rückblick von Dr. Anton Hofer)

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Übersicht und „Vorgeschichte“

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1820 kam das Hauptarchiv des Schlosses Matzen nach Prag, das restliche Archivmaterial wurde in Matzen vom Grafen Kinsky verbrannt (!!?). Nur wenige Einzelstücke erhielten sich bis in unsere Zeit herauf.

 

Das Sammeln von Matzner Archivalien musste beim Null-Stand anfangen. Es geschah im Hinblick auf einen fruchtbaren Heimatkunde- und Geschichtsunterricht seit etwa 1960 und sollte in die Schule und besonders in den Unterricht einbezogen werden. 

 

Um 1975 erhielt diese Sammelarbeit anlässlich der Vorbereitungsarbeit zum Hauptschuljubiläum einen starken Impuls und einen großen Materialzuwachs durch das Projekt „Schüler forschen Zeitgeschichte“. Die weitere Such-, Erhebungs- und Aufarbeitungsarbeit blieb für viele weitere Jahre ein Einzelanliegen und ist auch heute weitgehend in einer Privathand (AH).

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Seit etwa 2000 wird die Archivarbeit tatkräftig von einem kleinen, sehr einsatzfreudigen Team und auch von der Gemeindevertretung unterstützt. Seit 2007 ist die Sammlung als „Archiv Matzen“ in die Obhut der Gemeinde übergegangen. Es wird vom Archivteam weiter ehrenamtlich betreut.

 

Das Matzner Archiv (besser: die heimatkundliche Materialsammlung!)

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Die private Lehrmittelsammlung

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Für mich (AH) als junger Lehrer (seit 1959 in Matzen, zuerst in der VS-Oberstufe, der „Abschlussklasse“, dann in der Hauptschule) galt noch das alte und sehr gute Unterrichtsprinzip „Vom Nahen zum Fernen – Vom Bekannten zum Unbekannten – Von der eigenen Umgebung in die Weite“. So beschäftigte ich mich von Anfang an mit der „Umgebung“ meiner Schüler. Da in unserer Schule damals (siehe oben!) keinerlei ortsbezogene heimatkundliche Unterrichtsmittel vorhanden waren, suchte ich selbst Materialien aus Matzen und seiner Umgebung zur Veranschaulichung meines Unterrichts und beschäftigte mich deshalb immer intensiver mit dem Ort.

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Meine Schüler brachten bald altes Kleingerät, alte Schreiben, wie Briefe und Kochrezepte u.ä., und vor allem mündliche Berichte ihrer Eltern und Großeltern in meinen Unterricht und belebten ihn auf diese Weise sehr stark. Das wurde in einigen Jahren immer intensiver, manche Berichte schrieb ich dabei auch auf, einige Kleingeräte stellte ich in der Klasse für längere Zeit aus, und einige Materialien durfte ich für spätere schulische Verwendung auch behalten.

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Bald erhielt ich Hinweise auf ein im Ort existierendes „Hausbuch der Familie Reckendorfer“. Als es mir nach vielen und sehr geduldigen Vorkontakten gelungen war, das Buch schließlich einsehen zu dürfen, ja es dann auch zum Lesen mitnehmen durfte, war ich von der Fülle des enthaltenen Materials überrascht und begann, es in gut lesbare Form zu übertragen und fachspezifisch zu bearbeiten. (Dieses „Hausbuch Reckendorfer“ konnte ich später (1985) an der Wiener Universität auch veröffentlichen, es sorgte, als eine der ersten Publikationen dieser Art, in Fachkreisen europaweit für große Beachtung.)

 

Und damit war die Arbeit am ortskundlichen Matzner „Material“ gestartet, unser „Archiv“, das ja eigentlich eine heimatkundliche Materialiensammlung für Matzen ist, war geboren. Von nun an betrieb ich sehr intensiv das, was man heute „oral history“, „Forschen vor der Haustüre“ oder auch „Zurück zu den Wurzeln – back tot he roots“ nennen würde.

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Eine erste öffentliche Material-Präsentation geschah anlässlich des Jubiläums unserer Hauptschule im Jahre 1978 in einer kleinen Ausstellung „Schüler forschen Zeitgeschichte“ in meiner Klasse:

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Einen Teil des Materials durfte ich für späteren Unterricht behalten und davon ausgehend versuchte ich in den folgenden Jahren, es immer mehr zu ergänzen. Dabei sammelte ich immer gezielter Briefe und Postkarten aus den beiden Weltkriegen, Tage- und Stammbücher, Kalender, Kochbücher und alles „was man nicht mehr lesen konnte“, und schließlich suchte ich speziell auch nach Originaldokumenten der früheren Herrschaft Matzen und des ehemaligen Bezirksgerichtes Matzen im Ort selbst – ich war dabei immer wieder überrascht, was da noch alles auftauchte! –, und auch im NÖ Landes-

archiv, in der NÖ Landesbibliothek und auch in der Nationalbibliothek. (Inzwischen hatte ich auch meine Studien der Volkskunde (europäische Ethnographie) und der Musikwissenschaft (mit dem Schwerpunkt „musische Volkskunde“ und NÖ Volkslied) mit der Dissertation „Singen – Funktion und kulturelle Einbettung“ abgeschlossen und war gewohnt worden, auch in meiner heimatkundlichen Arbeit „wissenschaftlicher“ zu arbeiten.)

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Mein „Archiv“ wuchs weiter, ja es wucherte geradezu! Ich hatte anfangs immer gehofft, im großen neuen Schulgebäude einmal einen Raum für meine so unerwartet stark wachsende Sammlung zu erhalten. Dieser Wunsch erfüllte sich aber nicht, und so sammelten sich die Materialien in unserem doch dafür allmählich zu klein werdenden Haus.

 

Im Keller des alten Feuerwehrdepots

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Bürgermeister Helm, mein ehemaliger Schüler, hatte für mein Dilemma Verständnis und stellte mir einen großen Raum zur Verfügung: Als die Feuerwehr Matzen 2000 in ihr neues Haus beim Friedhof übersiedelte, wurde im Keller des Hauses am Hauptplatz auch der kleine „Fortbildungssaal“ frei, und diesen stellte mir die Gemeinde für die wachsende „Matzen-Sammlung“ zur Verfügung.

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Die Arbeit im Keller des ehemaligen FF-Depots

 

Das war für mich eine große Erleichterung, aber es war eben ein Kellerraum ohne funktionierende Lüftung und Heizung.

So blieben die heikleren Objekte noch immer in unserem Wohnhaus, aber die große Zahl robusterer Dinge konnte ich doch auslagern. Natürlich war auch ein Arbeiten in der „Kelleratmosphäre“ keine Lösung, denn besonders im Winter war dort unten ein längerer Aufenthalt kaum möglich.

 

In den Räumen des ehemaligen Gendarmeriepostens Matzen

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Seit 2005 ergab sich eine, beinahe, optimale Lösung für unser „Archiv“: Der Gendarmerieposten zog in ein neues Haus, und wir – inzwischen hatte sich auch bereits ein kleines Arbeitsteam gebildet – durften in die frei werdenden Räume übersiedeln. Der einzige Wermutstropfen war noch, dass wir auf den größten Raum der früheren Wohnung zugunsten des aktuellen Gemeinde-Archivs verzichten mussten. So platzen wir jetzt bereits „aus allen Nähten“. 

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Aber die Arbeit brachte völlig unerwartet viele Ergebnisse (siehe unten). Zu bedauern ist aber, dass der Kontakt und die enge Einbindung unseres Materials in die Arbeit der Matzner Schulen und in die dortige Lehr- und Erziehungsarbeit fast völlig unterbrochen ist.

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in den jetzigen Räumen, um 2009

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Unser „Archiv-Material“

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Aus wenigen Objekten zur „Unterrichts-Grundierung“ bzw. „Unterrichts-Auflockerung“ wuchs eine Sammlung heran, die in vier Räumen kaum mehr untergebracht werden kann, noch auch von uns erschöpfend bearbeitet werden kann.

 

Hier ein kurzer Überblick:

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Zu bemerken ist dazu noch ausdrücklich, dass wir kein „Museum“ sind und auch nie sein wollten. Wir wollten und konnten also auch nur wenige Klein-Objekte bewahren. Wir verstanden uns immer als Quellen- und Belegssammlung für den Ort und seine Umgebung. Und diese Quellen sprudelten überreich!

 

An „Quellen-Material“ stehen uns heute (2017) folgende Unterlagen und Bearbeitungen zur Verfügung:

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  • Die Namenslisten der Matzner
    Aus mehreren Dutzenden größerer Quellen und aus sehr vielen zusätzlichen Einzelurkunden haben wir nun schon über 35.000 Nennungen von Matzner Bewohnern digitalisiert und in einer Hauptliste zusammengefasst. In einer eigenen Arbeitsliste kann dieses Verzeichnis laufend aus neu bearbeiteten Quellen ergänzt werden. Die wichtigsten Urkunden sind dafür bereits bearbeitet und die darinnen vorkommenden Matzner Namen zusammengefasst. Vieles (wie alte Gemeinde-Jahresabrechnungen u.ä.) ist in Arbeit oder wartet auf eine entsprechende Beachtung.

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  • Unsere heimatkundliche Bibliothek, sie umfasst im Wesentlichen:

    • Das „Matzner Matrikenbuch“: ein eigenes Matzner Matrikenbuch (1673, 1851,1870, 1890 und 1900)

    • die drei wichtigsten „Fassionen“ in Kopien (alle entsprechend bearbeitet und „brauchbar“ gemacht):

      • die Theresianische von 1751

      • die Josefinische von 1787

      • die Franziscäische von 1822      

    • mehrere Matzner Meldungslisten

    • die Matzner Taufbücher, Heirats- und Sterbebücher (in 12 Bänden als Vollscans! seit 1782) jeweils ebenfalls bearbeitet und „auf Papier“ zusammengefasst

    • ein eigenes stets wachsendes „Matzner Lexikon“ (bereits 4 Bände!)

    • eine umfangreiche ebenfalls ständig ergänzte „Matzner Chronik"

    • über 3.500 originale Einzelurkunden (Heiratsurkunden, Schuldscheine usw.), die meisten davon bearbeitet.

    • eine Fotosammlung von über 20.000 Exemplaren in Papier (ca. 3.500) und (ca. 21.000) in digitaler Speicherung auf 170 CDs und zusätzlich gesichert auf 2 Außenfestplatten

    • historische Landkarten der Region (in Kopien!)

    • Publikationen (örtliche und regionale Bibliothek):

      • aus und über Matzen (58 Exemplare)

      • aus und über unsere Region, dem Weinviertel (ca. 250)

      • aus und über Niederösterreich (130)

      • Literarisches aus der Region (ca. 120)

      • Kochbücher aus der Region (65)

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Ziele unserer Arbeit

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Unser Bemühen bewegt sich immer zwischen den beiden Polen „Archiv“ und „Heimatkundliche Stoffsammlung“. Das heißt:

 

  • In unserer Arbeit steht immer die Nutzung des Vorhandenen und Möglichen vor der Bewahrung und Suche nach Weiteremdas Hilfsangebot für die Bewohner steht immer vor den Richtlinien für eine wissenschaftlich orientierte und gebundene Archivarbeit. Ausgehend und grundlegend ist dabei unsere Überzeugung, dass man die heranwachsende Bevölkerung für einen Ort oder eine Region nur über mehr Wissen interessieren kann, und dass nur auf dem Weg des Wissens eine Verwurzelung und schließlich auch eine Orts- und Heimatliebe wachsen kann. Was man nicht kennt, kann man nicht gern haben, was man nicht gern hat, für das setzt man sich auch nicht ein!

 

  • Wir hüten nicht einen toten Schatz, sondern ein Informationsangebot für alle, die ihn sehend, lesend oder hörend nutzen wollen.

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  • Wir haben dazu aber auch ein ganz praktisches Angebot für die Besucher:

    • unsere Lesehilfe bei alten Briefen oder unsere Suchhilfe nach Vorfahren oder nach alten Fotos    

    • „zum Mitnehmen“ unsere Kopier- und Scanmöglichkeit und unsere Publikationen

 

Unsere Arbeitsweise

 

Wir versuchen nicht in erster Linie Publikationen zu bestimmten Themen zu erarbeiten, sondern wir suchen und bewahren alle uns zugehenden oder von uns gefundenen Hinweise auf Matzner Personen und Fakten in Arbeitsmappen nach Jahren („chronikal“) oder nach dem Inhalt (“lexikal“) zu sammeln und zu ordnen. Wenn dann zu einem Thema genug Material erreicht ist, erst dann wird es für eine Veröffentlichung zusammengefasst und im Einzelnen evtl. noch ergänzt.

 

So entstanden bis jetzt zwei sehr umfangreiche Publikationsreihen:

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  • Die Reihe „Unser Matzen“ („UM-1“ bis „UM-…“?) mit bisher 41 Exemplaren (einige davon mehrbändig). Dabei unterscheiden wir solche zum Verkauf (31) und solche „nur zum Schmökern“.

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  • „Matzner Originaldokumente“ („MO-1“ bis „MO-…“?) mit bisher 13 ausgedruckten Exemplaren. In dieser Reihe sind einzelne Urkunden in Ausschnitten auch in Scan-Kopien der Übertragung gegenübergestellt, sodass auch ein sprachlicher ja sogar wörtlicher Vergleich möglich ist.

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Technische Ausstattung

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Für unsere Arbeit stehen uns alle notwendigen technischen Gerätschaften zur Verfügung. Die Gemeinde unterstützt uns zusätzlich dazu, dass sie uns, wie gesagt, die Räumlichkeiten samt Licht und Heizung zur Verfügung stellt, auch mit einem großen A-3 Kopiergerät. Alle übrigen Gerätschaften haben wir uns selbst (durch Verkauf der Publikationen) und durch Spender erwirtschaftet. Im Einsatz haben wir jetzt (2017): PC mit Bildschirm und Internet-Anschluss, Laptop, Flachbett-Scanner, Stab-Scanner, Schwarz-Weiß-Drucker und A/4 Farbdrucker.

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